Der Beklagte hatte als Anwalt von der verheirateten Klägerin das Mandat für die Regulierung eines Verkehrsunfalls erhalten, den diese mit dem Familien-PKW erlitten hatte. Der gegnerische Haftpflichtversicherer kündigte nach Geltendmachung der Ansprüche die Zahlung eines frei verrechenbaren Vorschusses an. Der Beklagte informierte die Klägerin darüber und ließ sie wissen, er werde nach Eingang des Geldes den Betrag an sie überweisen.
Kurz bevor das Geld auf dem Konto des Beklagten einging, erschien der Ehemann der Klägerin in der Kanzlei des Beklagten und erklärte unter Vorlage eines mit seinen Eltern geschlossenen Darlehensvertrages, für die Anschaffung des PKW´s hätten seine Eltern ihm ein Darlehen gewährt; deswegen solle der Vorschuss des Versicherers zur Rückführung dieses Darlehens Verwendung finden und auf das Konto seiner Mutter überwiesen werden. Der Beklagte befolgte diese Anweisung ohne Rücksprache mit der Klägerin zu nehmen. Als diese davon erfuhr, protestierte sie und bestand darauf, dass das Geld an sie ausgekehrt werde. Die Schilderung ihres Mannes sei unzutreffend. Sie sei nicht damit einverstanden, dass das Geld ihrer Schwiegermutter zu Gute komme. Hätte man sie von derWeisung ihres Mannes informiert, hätte sie der Auszahlung des Geldes an die Schwiegermutter widersprochen.
Der Beklagte versuchte zunächst (vergeblich) das Geld von der Schwiegermutter zurückzu holen. Als diese sich weigerte, dasGeld an den Beklagten zurückzubezahlen, weigerte der sich seinerseits, der Klägerin die Vorschüsse auszuzahlen
Die Klägerin hat daraufhin den Anwalt auf Herausgabe des erlangten Vorschusses verklagt. Im Verfahren vor dem Amtsgericht berief der Beklagte sich darauf, bei der Regulierung des Verkehrsunfalls habe es sich um ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs der Familien gehandelt. Der Ehemann sei nicht nur mit verpflichtet, sondern auch mit berechtigt gewesen als Gesamtgläubiger aus dem Anwaltsvertrag. Die vom Ehemann erteilte Anweisung sei deswegen gem. § 1357 BGB für den Beklagten bindend gewesen.
Das Amtsgericht ist der Argumentation des Beklagten gefolgt. Es habe sich um das Familienfahrzeug gehandelt. Die Schadensregulierung habe der Wiederherstellung der Mobilität der Familie gedient. § 1357 BGB finde Anwendung. Der Beklagte sei verpflichtet gewesen, auf die Anweisung des Ehemannes der Klägerin die vereinnahmten Gelder an die Schwiegermutter auszukehren; er sei mit der Ausführung der Anweisung von seiner Leistungsverpflichtung auch der Klägerin gegenüber frei geworden.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landgericht Freiburg die Entscheidung des AG Müllheim aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, die von der Versicherung erhaltenen Gelder an die Klägerin auszuzahlen.
Die Zahlung des Beklagten auf das Konto der Schwiegermutter brachte den Herausgabeanspruch der Klägerin nicht zum Erlöschen. Der Ehemann hatte keine Vollmacht der Klägerin, diese abweichende Auszahlungsregelung mit dem Beklagten zu vereinbaren. Die vom Ehemann gewünschte Überweisung des Beklagten auf das Konto seiner Mutter sollte eine Rückzahlung eines Darlehens bewirken. Damit hatte der Ehemann zwar einen eigenen Anspruch gegen die Klägerin angedeutet; einen solchen Anspruch unterstellt, ergab sich daraus aber für den Ehemann keine Befugnis mit dem Drittschuldner (Beklagten) einen Vertrag zu Lasten seiner Schuldnerin (Klägerin) zu schließen.
Auch aus § 1357 Abs. 1 BGB folgt entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nichts anderes. Der Ehemann besorgte mit der Anweisung an den Beklagten kein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie. Durch die Auszahlung an die Schwiegermutter der Klägerin wurde kein Bedarf der Familie gedeckt; dieser Familie kam durch die Überweisung des Beklagten an die Schwiegermutter nichts zu Gute.
Davon unabhängig gilt § 1357 Abs. 1 BGB nicht, da die Eheleute zum Zeitpunkt der Anweisung schon Getrenntlebten (§1357 Abs. 3 BGB). Dass der Ehemann damals schon aus der Wohnung ausgezogen war, entspricht sowohl der Darstellung der Klägerin bei deren mündlicher Anhörung durch das Amtsgericht, als auch der Aussage des Ehemannes. Auf die Kenntnis des Beklagten vom Getrenntleben kommt es nicht an (Staudinger-Voppel BGB (2012) § 1357 Rn 105 m.w.N).
Ob der Abschluss des Anwaltsvertrages durch die Klägerin im vorliegenden Fall den Ehemann nach § 1357 Abs. 1 BGB mit verpflichtete und berechtigte, kann dahinstehen, da jedenfalls auch dann dem Ehemann aufgrund der Umstände des vorliegenden Falles allenfalls ein Anspruch auf Vertragserfüllung durch den Beklagten gegenüber der Klägerin zustand, nicht aber ein Auszahlungsanspruch des Erlangten an sich und keine Befugnis, den Vertrag abzuändern. Der Beklagte war beauftragt worden, Schadensersatzansprüche der Klägerin beim Haftpflichtversicherer ihres Unfallgegners geltend zu machen, was so auch erfolgte. Dass im Nachhinein zwischen den damaligen Eheleuten streitig wurde, wer Eigentümer des beschädigten Fahrzeugs gewesen sei, ändert am Auftrag der Klägerin an den Beklagten und an der Zahlung des Haftpflichtversicherers an die Klägerin zu Händen des Beklagten nichts.
Das anwaltliche Mandatsverhältnis wird in der Entscheidung nicht thematisiert. Für eine Mitberechtigung aus § 1357 BGB ist nach meiner Auffassung das Mandatsverhältnis zu einem Rechtsanwalt nicht geeignet, denn der Anwalt ist nur seinem Mandanten gegenüber verpflichtet. Dem widerspräche es, wenn der von einem verheirateten Mandanten beauftragte Anwalt ohne weiteres auch dem anderen Ehegatten verpflichtet wird. Das gilt umso mehr, als Meinungsverschiedenheiten unter Ehegatten verbreitet sind. Es wäre dem Parteiverrat Türe und Tor geöffnet. Das Verheiratetsein eines Mandaten wäre der Freifahrtschein zum Parteiverrat.
Es kommt hinzu, dass der Beklagte als Anwalt die Versicherungssumme zu treuen Händen für die Klägerin entgegengekommen hatte. Es konnte sich deswegen aus § 1357 BGB nicht ergeben, dass er an eine einseitige Weisung des Ehemannes gebunden war.
Auch das Gebot des Anwalts zur Verschwiegenheit würde ausgehöhlt, ließe man im Rahmen des Mandatsverhältnisses § 1357 BGB zu. Der Anwalt ist nur seinem Mandanten verpflichtet.
Weisungen von Ehegatten des Mandanten können nicht hinter dem Rücken des Mandanten befolgt werden.
Wer nicht zweimal zahlen will hört nur auf seinen Mandanten, nicht auf dessen Ehegatten!